Deutsch-französische Versöhnung
"An einem Tag im September": Die wahre Story hinter Adenauers Treffen mit de Gaulle
Aktualisiert:
von teleschauJean-Yves Berstellot als Charles de Gaulle und Burghart Klaußer (l.) als Konrad Adenauer.
Bild: Frank Dicks/ZDF
Ein Treffen von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Ministerpräsident Charles de Gaulle im September 1958 gilt als Geburtsstunde der deutsch-französischen Versöhnung sowie der Einheit Europas. Der Film "An einem Tag im September" rekonstruiert dieses Treffen.
Die Stimmung in Europa hat sich seit der Präsidentschaft eines Donald Trump in den USA und dem russischen Angriff auf die Ukraine verändert. Viel wird davon gesprochen, dass Europa nun zusammenhalten und sein Schicksal in die eigene Hand nehmen müsse. Als Geburtsstunde der europäischen Einigung, ja der Europäischen Gemeinschaft, gilt ein scheinbar zwangloses Treffen zweier Politiker im September 1958. 13 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges besuchte der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer seinen Amtskollegen Charles de Gaulle in einem kleinen lothringischen Dorf. Colombey-les-Deux-Églises heißt es, dort befand sich de Gaulles abgelegener Landsitz. Der Film "An einem Tag im September" mit Burghart Klaußner als Konrad Adenauer erzählt dieses Treffen nach. Realitätsgetreu?
Die Voraussetzungen für ein harmonisches Treffen waren damals alles andere als gut. Deutschland und Frankreich galten nach drei Kriegen (deutsch-französischer Krieg 1870/71 sowie Erster und Zweiter Weltkrieg) als Erbfeinde. Dies war ein lange feststehender Begriff, wenn es um das Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen ging. Dazu kam: Charles de Gaulle, ein ehemaliger General, war im Krieg oberster Widerstandskämpfer gegen die Deutschen. Immerhin hatte der ehemalige Kölner Oberbürgermeister und CDU-Politiker Konrad Adenauer einst selbst unter der Nazi-Herrschaft gelitten. Zeitweise musste er sogar untertauchen. Adenauer war zum Zeitpunkt des Treffens mit de Gaulle bereits 82 Jahre alt - de Gaulle immerhin 67. Beide Männer hatten persönliche Erfahrungen mit dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg gemacht.
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Der echte de Gaulle war 1,96 Meter groß
Adenauer und de Gaulle waren wohl beide nervös vor dem als bewusst informell organisierten Treffen. Das Zusammenkommen der beiden gläubigen Katholiken im kleinen Kreis war bewusst kein pompöser Staatsbesuch nach offiziellem Protokoll, sondern ein privates Beisammensein, bei dem nur die beiden wichtigsten Berater und teilweise de Gaulles Frau Yvonne zugegen war. Zumindest dann, wenn es ans Essen ging. Adenauer lebte damals schon als zweifacher Witwer.
Die Themen des echten Treffens finden sich in den Dialogen des Films wieder: So schwor Adenauer 1958 auf eine enge Partnerschaft mit den USA. De Gaulle sah den transatlantischen Partner eher kritisch. Adenauer, der Deutsche aus der wieder stark aufstrebenden Wirtschaftswunder-Nation, wollte die atomare Bewaffnung der Bundeswehr, zum Schutz gegen die Sowjetunion. De Gaulle war dagegen.
Ein offizielles Sprachprotokoll des Treffens, das auch gemeinsames Teetrinken und Spaziergehen beinhaltete, existiert nicht. Wohl aber Gedächtnisprotokolle von am Treffen Beteiligten sowie die beiden Autobiografien der 1967 (Adenauer) und 1970 (de Gaulle) verstorbenen Politiker.
Optisch muss man hingegen etwas Fantasie mitbringen, um der 75-jährigen deutschen Bühnen- und Filmlegende Burghart Klaußner ("Das weiße Band") seinen Adenauer abzunehmen. Das 1,86 Meter-Adenauer-Profil mit der langgestreckten Stirn weicht von Klaußners Physiognomie (1,75 Meter) doch erheblich ab. Immerhin passt der Größenunterschied zu de Gaulle-Darsteller Jean-Yves Berteloot (1,84 Meter), denn der echte de Gaulle war stolze 1,96 Meter groß.
Folgen des Treffens? Unter anderem die Europäische Union und der Euro
Im Anschluss an die ZDF-Ausstrahlung des Films klärt "Terra X History: An einem Tag im September - Die Dokumentation" über die Hintergründe des geschichtsträchtigen Treffens auf. In dem Beitrag werden auch die politischen Folgen des Treffens der beiden umsichtigen Politiker aufgezeigt. De Gaulle und Adenauer wurden nach diesem ersten Treffen regelmäßige gegenseitige Besucher und sogar Freunde. Die beiden Staatsmänner gelten bis heute als Motoren der europäischen Einigung, die irgendwann zur Gründung der EU, zu fallenden Zollgrenzen, gemeinsamen Märkten oder auch der Währung Euro führte.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.
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