Kult-Details der Serie

"Dragonball": Woher kommt der Affenschwanz?

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von Martin Haldenmair

Am Anfang war es nur eine kleine Schockwelle, später wird sie zu Son Gokus stärkster Technik: Die Kamehameha!

Bild: © Bird Studio/Shueisha, Toei Animation


Die Kamehame-Attacke, die Jindujun-Wolke, die vielen Turniere - ohne sie wäre "Dragon Ball" nicht "Dragon Ball". Woher kommen diese Elemente und wieso hatte Son Goku an Anfang einen Affenschwanz? Wir haben in der Vergangenheit geforscht.

"Warum hat der Junge einen Affenschwanz," fragte meine Kollegin Nicola kürzlich schon fast verzweifelt, als sie sich das erste Mal "Dragon Ball" ansah. Tatsächlich:  Vieles, was für Fans selbstverständlich zu "Dragon Ball" gehört, kann Außenstehenden zunächst etwas merkwürdig vorkommen. Dabei gibt es für alles eine Erklärung, manchmal sogar eine gute:

Der Affenschwanz und der Streck-dich-Stab

Komm mit auf einen Ausflug in die klassische chinesische Literatur, denn die ist wilder - und auch manchmal versauter - als erwartet: Im Roman "Die Reise nach Westen" aus dem 16. Jahrhundert zieht eine Gruppe seltsamer Kämpfer mit einem buddhistischen Mönch von China nach Indien. Die Kämpfer braucht der leicht naive Mönch definitiv, da seine reine Seele für Dämonen so lecker riecht, dass sie sich an jeder Ecke eine neue Falle für ihn ausdenken, um sich dieses köstliche Ding einzuverleiben. Zu den Begleitern gehört der Affenkönig Sun Wukong, ein absolutes Ass in Sachen Kampfkunst, der auch gelernt hat, wie man auf Wolken fliegt. Außerdem trägt er einen Stab mit sich, mit dem bei den Arbeiten zur Schöpfung der Himmel aufgestützt wurde. Meist ist er auf Haarnadelgröße verkleinert, aber im Kampf kann er zur langen, schweren Keule werden.

"Moment mal," sagst du da? Ja, genau: "Son Goku" ist die japanische Lesung von "Sun Wukong"! Wie er reist unser Held gerne per (Überschall-)wolke und haut in den frühen Folgen Gegnern mit seinem Teleskopstab auf den Kopf. Anfang der Achtziger war Akira Toriyama, damals Autor der erfolgreichen, Gag-Manga-Serie "Dr. Slump", auf der Suche nach neuem Material. Als Fan von chinesischen Martial-Arts-Filmen wollte er unbedingt Kampfkunst dabeihaben, und schräg lustig sollte die neue Story auch wieder sein. So entstand auch die Idee, respektlose Anspielungen auf einen der größten chinesischen Klassiker einzubauen - bei Son Goku eben der Name und der Affenschwanz.  So nach und nach verschwanden während des langen Lebens der Serie die Fragmente aus "Die Reise nach Westen" - aber die Kampfkunst blieb.


Warum diese ganzen Kampf-Kunst-Turniere?

Was wäre "Dragonball" ohne Kämpfe und wieso sehen sie so gut aus? Akira Toriyama war großer Fan der Filme von Jackie Chan und Bruce Lee, die beide selbst verschiedene Kampfkünste ausgezeichnet beherrschten. Natürlich sind die "Dragonball"-Kämpfe noch mal eine Nummer übertriebener als bei den chinesischen Kung-Fu-Filmen der Siebziger  und Achtziger, aber Toriyama gelang es, realistische Elemente wie Körperspannung, Haltungen und Posen zu übernehmen. Auch wichtige philosophische Aspekte von Kampfkunst fanden ihren Weg in die Lehren des Herrn der Schildkröten. Das Ganze führt dazu, dass es sich einfach richtig anfühlt, wenn unsere Helden bei Kämpfen meterhoch in die Luft springen und Löcher in Berge boxen.

Genau das kam bei den Lesern an. Die ersten Kapitel von "Dragon Ball" sind wie eine Wundertüte aus Reisen durch die Welt, humorvollen Szenen und ein paar Kämpfen. Als das Leserinteresse nach einem Jahr daran zurückging, setzte Toriyama als Experiment - und angeregt von seinem Herausgeber - auf Kämpfe: Son Goku und sein Mitschüler Krillin nahmen am großen Turnier der Kampfkünste teil. Dieser Story-Arc war erfolgreich, wesentlich erfolgreicher als die sich daran anschließenden nächsten Reiseabenteuer Son Gokus. Von da an fokussierte sich Toriyama darauf, immer neue noch stärkere Gegner zu erfinden - und immer wieder Turniere einzubauen. Auch andere Manga nahmen sich daran ein Beispiel. Egal ob "Naruto" oder "Black Clover" oder "My Hero Academia" - an irgendeiner Stelle müssen mal alle zum Turnier!

Kamehameha!

Kämpfe also wollten die Leser sehen. Problem: In einem statischen Medium wie Manga muss ein Kampf sofort dynamisch wirken, sonst wird er langweilig. So kam Toriyama auf die Idee, das "Ki" sichtbar zu machen. Ki oder auch "Chi" und "Qi" ist ein Konzept, dass sich in vielen Kampfkünsten - und anderen Manga - findet, eine spirituelle Kraft des Lebens selbst, die den Körper durchfließt. Auch in Martial-Arts-Filmen wurde gelegentlich dieses "Ki" sichtbar als Waffe eingeführt, vor "Dragon Ball" war dieser Trick aber nicht so weit verbreitet wie heute.

Das änderte sich mit der Kamehameha, der vom Herrn der Schildkröten entwickelten Ki-Attacke. Toriyama erzählte in einem Interview im "Dragon Ball: Super Exciting Guide",  dass er zu Hause viele Posen ausprobiert hatte, bis er auf eine kam, die ihm überzeugend genug erschien. Fehlte noch der Name. Irgendetwas mit "Schildkröte", auf Japanisch "kame", sollte er zu tun haben. Seine Frau kam auf die Idee, sie nach König Kamehameha I., Herrscher über Hawai'i im 18. Jahrhundert zu nennen. Praktischerweise hatte Toriyama den Herrn der Schildkröten schon immer mit einem Hawaiihemd gezeichnet. Ein echter Volltreffer. So manches Kind hat seither jene Handbewegungen ausgeführt und dabei "Kamehameha!" gerufen … und in der Fantasie hat es auch geklappt.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

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