Wenn Animation erwacht

"One Piece": Warum Fans diese Folge feiern - und zwar zu Recht!

Aktualisiert:

von Martin Haldenmair

Zorro (links) und King schenken sich nichts in dem Kampf - und die Animation erreicht ein neues Level.

Bild: ©Eiichiro Oda/Shueisha, Toei Animation


Diese Folge schlägt ein wie ein Feuerdrache. Hat ein Höllenkönig die Animator:innen zu neuen Höchstleistungen gepeitscht? Eine Würdigung der Folge "Der Drei-Schwerter-Stil des Königs! Zorro gegen King!"

"One Piece" begleitet mich schon viele Jahre, einige davon sogar beruflich. Als Fan sehe ich es als seine Pflicht an, darüber zu meckern, wenn mal wieder besonders lange Rückblenden kommen oder die Story sich in allzu vielen albernen Gags verliert. Aber hier ist kein Platz für Meckerei, nur für ehrliche Begeisterung. In dieser Folge erreicht "One Piece" ein neues Niveau und behält gleichzeitig das Wichtigste bei, was die Serie immer ausmacht. Hier muss ich als Fan und auch als Redakteur eine Lobeshymne los werden.

In Folge 1062 kämpft Zorro, die rechte Hand des von uns allen bevorzugten künftigen Piratenkönigs gegen King, die rechte Hand des zu dieser Zeit erfolgversprechenderen Königsanwärters Kaido. Beide sind kompromisslose Kämpfer, beide absolut loyal gegenüber ihrem König. Am Ende wird aber nur mehr einer aufrecht stehen.

Dramatisches Schwarz-Weiß, eckig und flächig: In der Folge können sich die Animatoren austoben.

Bild: ©Eiichiro Oda/Shueisha, Toei Animation


Das ist neu: Hochkreative Animation

Für den Kampf zieht die Animation alle Register: Mal sind beide Kämpfer in Schwarz-Weiß und das Bild erinnert an alte Hau-Drauf-Schwertkämpferstreifen des japanischen Kinos. Dann fließen die gerade noch kantigen, kontrastreichen Figuren auseinander, ihre Bewegungen werden zu Linien bis sie plötzlich, beim Zusammenprall der Kämpfer, wieder feste Form annehmen. Dazwischen ist auch Zeit - manchmal nur für ein einziges Bild - für Stilisierungen:

Zorro, der ein verfluchtes Schwert führt und es mit seiner eigenen Lebenskraft stärkt, sieht zum Beispiel für Sekundenbruchteile aus wie ein grotesker Dämon und als King seinen letzten großen Angriff startet, füllt für zwei Bilder ein Drache den Schirm aus. Und dann gelingt den Animatoren auch noch, zwischen flächiger Darstellungen und räumlicher mühelos zu wechseln! Das klingt jetzt schon fast nach mühsamen Kunstfilm, geschieht aber fast unauffällig nebenbei, denn auch die Handlung fesselt:


Das ist vertraut: Die Story

Bei dem ganzen visuellen Fest, das da abbrennt (über die Musik und der Mischung von klassischen Orchester mit schriller japanischen Flöte könnte hier auch noch ein Absatz stehen, aber es wird zu viel), bleibt "One Piece" seinem Kern treu: Es ist eine zutiefst menschliche Serie! Wir erfahren in gut eingestreuten Rückblicken auch die Geschichte Kings. Was er erleiden musste und wieso er Kaido, den wir Zuschauer bisher eher als Unterdrücker erfahren haben, so unverbrüchlich zur Seite steht. Wo andere Serien vielleicht nur mehr auf die Effekte setzen, den Gegner ein Monster belassen würden, nimmt sich die Folge Zeit, dem Widersacher ein menschliches Gesicht zu geben.

Es ist schön zu sehen, dass das Studio gerade in dieser Phase von "One Piece" nicht einfach darauf baut, dass die Fans ja eh zuschauen werden, sondern dass die Folgen mit einer ähnlichen Hingabe, die Fans für die Serie haben, produziert werden. Es macht Hoffnung, dass durch den geplanten neuen Ausstrahlungsrhythmus diese Machart noch stärker zum Tragen kommen wird.


Jede Menge Anime-Filme und Serien auf Joyn


Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

Mehr entdecken