Die Schönheit des Unperfekten

Takis Würger im "SAT.1-Frühstücksfernsehen": So offen spricht er über Selbstzweifel und Kreativität

Aktualisiert:

von Lars-Ole Grap

Zwischen leisen Tönen und lauten Gefühlen erzählt "Für Polina" von Hannes, der in Klängen denkt und in der Stille lebt. Musik ist seine Sprache, bis ein Schicksalsschlag ihn verstummen lässt. Beim "SAT.1-Frühstücksfernsehen" verrät Autor Takis Würger, was Kunst für ihn bedeutet - und warum Selbstzweifel oft nicht der Feind, sondern die Voraussetzung echter Kreativität sind.


"Wann war Musik jemals etwas anderes als Zauberei?": Takis Würger über die Wirkung von Melodien

Die Idee, einen Roman rund um die emotionale Kraft der Musik zu schreiben, entstand aus einem Satz, den Takis Würger mal vor Jahren von einem Freund gehört hatte und der ihn seitdem nicht mehr losließ: "Wann war Musik jemals etwas anderes als Zauberei?" Musik versteht der Autor in seinem Roman nicht nur als handwerkliche Fähigkeit oder gar Talent des Protagonisten, sondern als Ausdruck von Gefühlen - als etwas, das im Inneren jedes Menschen anders klingt. Genau diese subjektive Erfahrung von Kunst faszinierte den Schriftsteller: Wie klingt Musik in den Köpfen der Leser:innen, und wie lassen sich Geschichten durch sie erzählen?

Musik als zentrales Fundament des Romans ist mit Bedacht gewählt - sie erzeugt Stimmungen, weckt Erinnerungen und kann Empfindungen verstärken. Dabei ist es letztlich nebensächlich, welche Musik: Ob Klassik oder Jazz, Beethoven oder Eminem - jedes Genre  kann Emotionen zu transportieren. In "Für Polina" wird deutlich: Musik vermag es, innere Welten zu öffnen, die eigene Seele zu berühren und Verbindungen zwischen Menschen zu schaffen, die über Worte hinausgehen.

Gleichzeitig durchziehen immer wieder auch Selbstzweifel die Geschichte und die Handlungen der Charaktere - und den kreativen Prozess des Autors. Würger beschreibt, wie eng Schreiben und Zweifel für ihn miteinander verbunden sind: Jeder neue Satz sei wie eine Weggabelung, die sorgfältig gewählt werden muss. Unsicherheit sei dabei aber kein Hindernis, sondern ein notwendiger Begleiter, der helfe, bewusst Entscheidungen zu treffen und Geschichten mit Tiefe zu schreiben.

Der Moment, in dem ich aufhöre, an mir zu zweifeln, ist der Moment, in dem ich aufhöre, Bücher zu schreiben, die wirklich von dem handeln, was tief in meinem Herzen ist.

Takis Würger

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Warum Perfektion langweilig ist - Autor Takis Würger über die Kunst, Fehler zu lieben

Perfektionismus spielt dabei eine ebenso große Rolle. Würger ist überzeugt: Vollkommene Menschen oder Werke gibt es nicht - und gerade darin liegt die Schönheit. Auch im Roman begegnet dies den Figuren: Hannes' Musik ist nicht immer makellos, einzelne Töne "zirpen" oder klingen ungenau - und gerade das macht sie einzigartig. Würger überträgt dieses Prinzip auch auf seine Arbeit als Autor: Ein Roman kann nur dann zur Kunst werden, wenn er von einer Idee abweicht, organisch wächst und die menschliche Unvollkommenheit zulässt.

Die Nebenfigur Bosch verkörpert genau das: Er liebt Menschen gerade wegen ihrer Eigenheiten - abseits des vermeintlich perfekten Schönheitsideal. Schönheit, so Würger, sei nicht gleichbedeutend mit Perfektion. Genauso entstehe Kunst, wenn man von einer perfekten Idee Abstand gewinnt - und diese kleinen Unvollkommenheiten machen Romane wie "Für Polina" und ihre Figuren lebendig und nahbar.

Am Ende geht es in Würgers Roman nicht nur um Musik oder Talent, sondern um universelle menschliche Erfahrungen von Hoffnung, Liebe, Freundschaft und Selbstüberwindung. Hannes Weg zeigt, dass es sich lohnt, trotz Zweifel und Verletzlichkeit, trotz der Angst vor Unvollkommenheit, den Mut zu finden. Die Botschaft ist klar: Liebe und Musik sind Dinge, die Menschen miteinander verbinden, trotz Fehlern, trotz Unsicherheiten - denn gerade in der Unvollkommenheit liegt Magie.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

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