"Sturm der Liebe"-Star Antje Hagen: Szene am Set löst altes Kriegs-Trauma aus - "bekam keine Luft mehr"

"Wie in einer Großfamilie mit vielen Enkeln" fühle sie sich am "Sturm der Liebe"-Set, erzählte Schauspielerin Antje Hagen vor rund eineinhalb Jahren in der Zeitung "Münchner Merkur". 4500 Folgen gibt es mittlerweile von dem ARD-Dauerbrenner, und die sportliche 87-Jährige ist von Beginn an als Sous-Chefin Hildegard Sonnbichler im Restaurant des Hotels Fürstenhof dabei. Dabei wollte sie als Kind eigentlich Försterin werden. Damals habe sie "gedacht, eine Försterin trägt schöne grüne Sachen und sucht den ganzen Tag Pilze", gestand sie einst der Schweizer Illustrierten. Sie sei früher oft zum Pilze- und Beeren-Sammeln im Wald gewesen und habe großen Spaß daran gehabt. Das Sammeln hatte allerdings auch praktische Gründe: Antje Hagen war ein sogenanntes Trümmerkind, in den Nachkriegsjahren waren die Lebensmittel knapp.

Am Set vom Kriegstrauma eingeholt

1938 geboren, war ihr Start ins Leben kein leichter - ein verschüttetes Kindheitstrauma kam einmal sogar während "Sturm der Liebe"-Dreharbeiten auf: Nach dem Umzug in ein neues Studio wurde ein Bombenanschlag auf den Fürstenhof ins Drehbuch geschrieben, um Kulissen-Veränderungen erklären zu können. "Es wurde mit Sprengsätzen und Pyrotechnik gearbeitet, überall sind Steine geflogen", erinnerte sich die Schauspielerin in einem Bunte-Interview. "Dieser Lärm hat bei mir etwas ausgelöst: Da sind Kindheitserinnerungen an die Bombennacht in Dresden hochgekommen, von denen ich nicht wusste, dass ich sie noch habe. Beim Dreh habe ich gezittert und bekam keine Luft mehr."

Schönere Erinnerungen boten die 1950er-Jahre: Als Kind einer Theaterfamilie - ihre Mutter etwa war Solobratschistin am Dreispartentheater in Quedlinburg - hatte Antje Hagen schon früh Theaterluft geschnuppert. Nach dem Besuch der Höheren Handelsschule wurde sie 1957 an der Hamburger Schauspielschule aufgenommen und zwei Jahre später von Schauspiellegende Gustaf Gründgens (1899-1963) ans Deutsche Schauspielhaus der Hansestadt geholt, dessen Intendant er war. Später ging sie mit ihm auf Russland-Tournee, doch nach anfänglichen Erfolgen gab es auch berufliche Rückschläge - zwischenzeitlich verdiente die junge Schauspielerin laut einem Eintrag im Munzinger-Archiv ihr Geld auch als Kellnerin, Putzkraft und Paketpackerin.

Kurzes Eheglück für Antje Hagen

Es folgten Stationen als Ansagerin beim Südwestfunk in Baden-Baden und schließlich ab 1964, gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann Günter Jendrich (1920-69), die Moderation der Auto- und Verkehrssendung "Das Rasthaus". Das Ehe- und Familienglück (Sohn Jens kam 1967 auf die Welt) war den beiden nur drei Jahre vergönnt: Mit gerade mal 30 Jahren wurde Antje Hagen Witwe, ihre große Liebe starb an Leukämie. Die Leidenschaft für (schnelle) Autos, die ihr Mann geweckt hatte, begleitet sie bis heute. Eine weitere Ehe ging sie nicht mehr ein.

Mit der Karriere ging es dafür voran, unter anderem spielte Antje Hagen eine tragende Rolle im SWR-Fernsehspiel "Bambule" aus der Feder von Ulrike Meinhof (1934-1976), die später als RAF-Terroristin Schlagzeilen machte. Weil deren kriminellen Machenschaften bekannt wurden, kam es nicht zur geplanten Ausstrahlung des Films 1970. Erst ab 1994 wurde er gezeigt. Es folgten viele weitere Film-, Serien- und Theaterrollen für Antje Hagen, zum Beispiel die der Trude Semmeling in den TV-Dreiteilern "Einmal im Leben" (1972) und "Alle Jahre wieder - die Familie Semmeling" (1976) sowie dem Sechsteiler "Die Affäre Semmeling" (2002) von Dieter Wedel (1939-2022).

Auch die - schließlich mit Gaby Dohm (82) besetzte - Rolle der Christa Brinkmann in der Erfolgsserie "Die Schwarzwaldklinik" (1985-89) sollte sie spielen, doch damals wollte sie sich nicht auf eine jahrelang laufende Serienrolle festlegen. Das ist bekanntlich inzwischen anders: Seit 20 Jahren begeistert sie als so energische wie liebenswerte Hildegard die "Sturm der Liebe"-Fans. Und wenn es nach ihr geht, ist damit noch lange nicht Schluss!

Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.