Science oder Fiction?
Der neue "Tatort": Kann man das Unterbewusstsein wirklich anzapfen?
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von teleschauEin irres Szenario: Felix Murot (Ulrich Tukur) will ein vermisstes Kind finden, indem er sein Unterbewusstsein mit der einzigen Person zusammenschalten lässt, die den Aufenthaltsort des Fünfjährigen kennt: dessen Mutter, die im Koma liegt.
Bild: HR/Senator Film/Dietrich Brüggemann
Im "Tatort: Murot und der Elefant im Raum" lässt Felix Murot (Ulrich Tukur) sein Unterbewusstsein über eine neuartige Maschine mit dem einer wichtigen Zeugin im Koma verbinden. Totaler Schwachsinn oder ein mögliches Near Future-Szenario?
Im Krimi will Murot ein vermisstes Kind finden, indem er sein Unterbewusstsein mit der einzigen Person zusammenschalten lässt, die den Aufenthaltsort des Fünfjährigen kennt: dessen Mutter, die im Koma liegt. Praktischerweise hat Murots Psychiater Dr. Schneider (Robert Gwisdek), bei dem er gerade in Behandlung ist, eine ungewöhnliche Maschine entworfen, mit der sich das eigene Innenleben wie bei einem Spaziergang durchwandern lässt. Tukur drängt Polizei und Ärzt:innen dazu, dass er sich über Dr. Schneiders Wunderapparat mit dem Unterbewussten der Mutter verbindet. Absurd. Oder doch ein aus wissenschaftlicher Sicht zumindest denkbares Szenario?
Das Unterbewusstsein mit einer möglichen Maschine "antriggern"
Tatsächlich ist so etwas in näherer Zukunft kaum möglich. Seit Sigmund Freud weiß man vom Unterbewussten. Und es gibt zahlreiche Tests und Methoden, es ins Bewusstsein zu bringen - vor allem natürlich tiefenpsychologische Therapie wie Psychoanalyse. Ein maschinelles "Auslesen" des Unterbewussten ist allerdings nicht möglich, weil man es bisher nicht messen kann. Man weiß weder, wo diese Prozesse im Gehirn ablaufen, noch welche Botenstoffe oder Transportmechanismen sie verwenden. Die Wissenschaft hat noch keine physische Entsprechung für das Unterbewusste in der Hirnstruktur des Menschen entdeckt.
Immerhin: Neurophysiologische Verfahren wie EEG oder fMRT liefern Hinweise auf unbewusste Prozesse, indem sie Aktivitätsmuster erfassen, die mit Aufmerksamkeit, emotionaler Verarbeitung oder Entscheidungsfindung korrelieren. Das Problem besteht darin, dass solche Verfahren keine Abbildung von Inhalten liefern. EEG misst zeitlich hochaufgelöste elektrische Aktivität. Die Technik des fMRT erfasst indirekt Durchblutungsveränderungen im Gehirn. Beide Verfahren liefern statistische Korrelationsdaten, aber keine Bedeutungen. Und wo man kein Unterbewusstsein messen kann, fällt es schwer, es mit einer möglichen Maschine "anzutriggern".
Münchner "Tatort: Dreams" über luzide Träume
Was unsere Kommunikation mit dem Unterbewussten oder auch Träumen betrifft, ist die Menschheit jedoch über nicht maschinelle Methoden schon etwas weiter: Luzide Träume oder auch Klarträume nennt man Zustände im Schlaf, in denen der Mensch träumt, sich aber dessen bewusst ist und sogar als Akteur bewusste Entscheidungen in Träumen treffen, also "eingreifen" kann. Seit vielen Jahrzehnten ist bekannt, dass man das luzide Träumen erlernen und trainieren kann. Was im "Tatort" natürlich weniger spektakuläre Bilder und auch keine Verbindung zweier Träumender ermöglicht hätte.
Übrigens: Es gab schon mal einen "Tatort", in dem das Luzide Träumen im Mittelpunkt eines Münchener Falles stand: Der "Tatort: Dreams" vom November 2021 spielte in einem Schlaflabor für Klarträume rund um Schlafforscherin Dr. Deah (Kathrin Röver). Dieser Fall kam übrigens weitgehend ohne futuristische Apparate aus.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.
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