Inception-Feeling intensiv

"Was für ein Mist": Wiesbadener "Tatort"-Experiment stößt bei Fans auf Empörung

Aktualisiert:

von Sylvia Loth

Felix Murot (Ulrich Tukur) und Eva Hütter (Nadine Dubois): Was wohl der Auslöser für diese Blicke ist?

Bild: HR / Senator Film / Dietrich Brüggem


Der Wiesbadener Kommissar entführt die Zuschauer:innen gern auf eine metaphorische Reise. Schon der Titel der jüngsten Folge "Murot und der Elefant im Raum" ließ ahnen: Auch diesmal wird es so sein. Allerdings löste der "etwas andere" Tatort alles andere als Begeisterungsstürme aus.

Es ist ein typisches Kennzeichen der Tukur-Tatorte, das gewohnte Ermittler-Szenario zu verlassen und mutige neue Wege zu gehen. Schon der Titel "Murot und der Elefant im Raum" versprach einiges. Doch diesmal zeigten sich nur wenige Zuschauer:innen begeistert von dem Wiesbadener "Tatort"-Experiment.

Mutig anders - aber nicht für alle

"Was für ein Mist", peinlich", "dämlich" und "schlechtester Film aller Zeiten" - so und noch extremer liefen die Tatort-Follower:innen auf Instagram verbal Amok gegen den Wiesbadener "Tatort mit Interception", wie ihn einer nannte. Und das waren noch die nett formulierten Kommentare zum 14. Fall von Kommissar Felix Murot, gespielt von Ulrich Tukur.

"Mal wieder ein richtiger Tatort!"

"Nehmt die Psycho-Kommissare bloß aus dem Programm! Mal wieder ein richtiger Tatort! Ohne Psycho-Mist! Einfach mal wieder normale Ermittlungen", "peinlich", "dämlich" oder "schlechtester Film aller Zeiten" entlud sich der Frust vieler Fans ihn den sozialen Netzwerken zum 14. Fall von Kommissar Felix Murot.

Vereinzeltes Lob, viel Kritik

Zwar es gab auch Lob für die Story und die schauspielerische Leistung von Ulrich Tukur und seinen Kolleg:innen. Einige freuten sich darüber, keine klassische "Who-dunit"-Ermittlerstory zu sehen. Insgesamt jedoch fiel die Resonanz deutlich kritisch aus. Es bleibt also spannend abzuwarten, ob der Wiesbadener Tatort seinem experimentellen Stil treu bleibt.

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"Tatort: Murot und der Elefant im Raum" - darum ging es

Eva Hütter (Nadine Dubois) soll das Sorgerecht ihres fünfjährigen Sohnes Benjamin entzogen werden. Sie weiß sich keinen anderen Rat und versteckt ihn in einer Hütte im Wald. Als sie etwas für ihn holen möchte, hat sie einen Unfall und fällt ins Koma. Niemand weiß, wo Benjamin steckt. Das sollen Kommissar Felix Murot (Ulrich Tukur) und seine rechte Hand Magda Wächter (Barbara Philipp) herausfinden. Diese scheinbar unlösbare Aufgabe will LKA-Ermittler Murot mittels eines Wunderapparats, den sein Psychiater, Dr. Schneider (Robert Gwisdek), bei ihm anwendet, lösen. Der Krimi bewegt sich zwischen Traum und Realität, zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein. Oder kurz gesagt: Es geht um die Reise an die eigenen Grenzen!

Murots Reise an die menschlichen Grenzen

Felix Murot und Magda Wächter sind ratlos, wo der fünfjährige Benjamin stecken könnte. Doch dann hat Murot eine verrückte und mal wieder unkonventionelle Idee: Könnte man nicht mit Dr. Schneiders Maschine jemanden mit der Psyche der schlafenden Eva verbinden und ihr im Koma den Aufenthaltsort ihres Sohnes entlocken? Auch wenn es ziemlich waghalsig klingt, möchte Murot diesen Ansatz, den sein eigener Psychiater erfunden hat, ausprobieren. Also begibt er sich auf eine abenteuerliche Reise in die Seele und Gedankenwelt einer anderen Person und zugleich seiner eigenen Grenzen. Wird er sein Unterbewusstsein mit Eva Hütters zusammenschließen können und somit herausfinden, wo Benjamin steckt? Genau wie in seinen eigenen Gedanken zuvor in den Sitzungen bei Dr. Schneider geht Murot nun in ihren Erinnerungen spazieren. Das Unterbewusstsein beider Figuren wird auf groteske Art zusammengeschlossen. Anstatt Benjamins Aufenthaltsorts entdeckt er zunächst Evas inneres Kind. Wird die vermeintliche Zauber-Methode tatsächlich zum Erfolg führen?

Kommunikation mit dem Unterbewusstsein

Murots tiefenpsychologische Methode klingt nicht nur unrealistisch, sie ist es auch. Was im ersten Moment nach Freud 2.0 klingt, entpuppt sich wissenschaftlich gesehen als unmöglich. Einen direkten Draht in das Unterbewusstsein eines anderen Menschen mittels einer Maschine zu erhalten, ist nicht möglich.

Neurophysiologische Methoden wie EEG oder fMRT können zwar Anhaltspunkte für unbewusste Prozesse liefern, allerdings besteht die zentrale Einschränkung darin, dass diese Verfahren keine inhaltlichen Repräsentationen erfassen. Da sich das Unterbewusste auf diese Weise nicht direkt messen lässt, ist es entsprechend schwierig, es gezielt anzusprechen oder gar in einer möglichen maschinellen Entsprechung zu aktivieren. Das Erkunden oder Eindringen in eine fremde Psyche bleibt also ein Traum. Doch Murots experimentelle Reisen in fremde Gedankenwelten sind für die Zuschauer:innen mehr als sehenswert und zeigt einmal mehr die unkonventionellen Ermittlungsmethoden des Wiesbadener "Tatort"-Teams.

Menschliche Psyche als Ermittlungshilfe

Wird (v. l.) Dr. Schneider (Robert Gwisdek) Eva Hütter (Nadine Dubois) und Felix Murot (Ulrich Tukur) auf Gedankenreise schicken können?

Bild: HR / Senator Film / Dietrich Brüggem


Blick hinter die Kulissen

Murots 14. Fall wurde vom Autor und Regisseur Dietrich Brüggeman in Szene gesetzt. Dass sich der eigenbrötlerische Kommissar auf eine Reise ins Unterbewusstsein einer Tatverdächtigen begibt, erklärt der Regisseur so:

Man schaut Filme ja ohnehin nicht mit dem analytischen Gehirn, sondern in einer Art halbbewussten Traumzustand.

Dietrich Brüggeman

Er fügt hinzu: "Für die Dauer des Films sind die Figuren auf der Leinwand in gewisser Weise Anteile unserer eigenen Psyche."


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Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

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