Ausnahme-Schauspieler

In diesem Film zeigt Commissario-Brunetti-Star Uwe Kockisch seine düstere Seite

Veröffentlicht:

von Lars-Ole Grap

Im Thriller "Nur mein Sohn war Zeuge" lauert die Gefahr in den eigenen Reihen der Polizei.

Bild: picture alliance/United Archives


Die Nachricht vom Tod Uwe Kockischs am 22. Dezember 2025 erschütterte die Filmwelt. Mit ihm verliert die Branche einen herausragenden Charakterdarsteller, der für Millionen Zuschauer:innen oft schlichtweg nur der "Commissario" war.

Fern von Brunetti: Uwe Kockisch brilliert als skrupellose Machtfigur

Bereits lange vor seiner ikonischen Rolle als Brunetti bewies Uwe Kockisch in dem packenden Thriller "Nur mein Sohn war Zeuge" (2001) seine Fähigkeit, die Abgründe der menschlichen Seele beeindruckend pointiert darzustellen - und zeigte ein Gesicht, das so gar nicht zur sanften Melancholie Brunettis passen will.

In Stefan Lukschys Thriller spielt Uwe Kockisch den Polizei-Chef Ernst Bach. Die Handlung ist ein klassisches Katz-und-Maus-Spiel: Der neunjährige Niko (Maximilian Seidel) beobachtet einen brutalen Mord. Das Trauma sitzt tief, doch die Gefahr wird existenziell, als der Junge bei der Polizei ausgerechnet Bach als Täter identifiziert - den Mann, der eigentlich für seinen Schutz zuständig sein sollte.

Uwe Kockisch verleiht dem Charakter Bach schon durch seine Mimik eine beachtliche Skrupellosigkeit und Kälte. Wo Brunetti durch Empathie und Menschlichkeit bestach, nutzt Bach auch seine Autorität, um Bedrohung zu erzeugen. Er ist kein psychopathischer Mörder, sondern ein Mann, der sich im System der Macht sicher fühlt. Er nutzt die Strukturen der Polizei, um Niko und dessen Mutter Cora (Andrea Sawatzki) zu jagen - eine perfide Perversion des Vertrauens, brillant inszeniert und von Uwe Kokisch gespielt. Und ohne seine glaubhafte Darstellung der Machtposition Bachs würde der Film auch nicht funktionieren. Der Film zeigt eindrucksvoll die Ohnmacht des Betroffenen auf, wenn der Täter gleichzeitig der Richter ist. Ingo Naujoks spielt den "guten Polizisten" Peter Nowak - und Uwe Kokischs Gegenspieler.

Uwe Kockisch: Ein Meister der Wandlungsfähigkeit

Dass Uwe Kockisch nur zwei Jahre nach seiner Arbeit an "Nur mein Sohn war Zeuge" die Rolle des Commissario Brunetti übernahm, unterstreicht seine außergewöhnliche schauspielerische Bandbreite. Er meisterte den Spagat zwischen dunklen, bedrohlichen Figuren und warmherzigen, integren Charakteren mühelos - eine Fähigkeit, die nur wenige Schauspieler:innen in dieser Konsequenz beherrschen. Während Ernst Bach die skrupellose Seite von Macht und Autorität verkörpert, zeigte Uwe Kockisch als Brunetti den menschlichen Ermittler, der moralische Integrität mit subtiler Emotionalität verband.

Der Thriller "Nur mein Sohn war Zeuge" zeigt, dass Kockisch keine Scheu vor herausfordernden Rollen hatte und selbst die unliebsamen, ambivalenten Charaktere mit einer beeindruckenden Authentizität spielen konnte. Hinter dem sanften, wohlbekannten Gesicht des venezianischen Commissarios verbarg sich ein Darsteller von enormer Intensität, dessen Präsenz vor der Kamera sowohl Furcht als auch Empathie auslösen konnte.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

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