Der deutsche Jack the Ripper?

True-Crime-Fall Fritz Haarmann: Was hinter dem Horror des "Vampirs von Hannover" steckt

Aktualisiert:

von Nicola Schiller

Einer der schlimmsten Serienmörder: Fritz Haarmann.

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Hannover, kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Die Stadt im Norden Deutschlands ist geprägt von Armut, Hunger und Hoffnungslosigkeit - das Echo der "goldenen 20er" kommt hier definitiv nicht an. Genau zu dieser Zeit treibt dort ein Mann sein Unwesen, der als personifiziertes Grauen in die Kriminal-Geschichte eingehen soll.

Fritz Haarmann: Bürgerliche Fassade, monströse Taten

Er ist einer der schlimmsten Serienmörder, die es in Deutschland je gab. Friedrich "Fritz" Heinrich Karl Haarmann hat viele Spitznamen: der "Schlächter", der "Werwolf", der "Vampir" von Hannover. Manche bezeichnen ihn sogar als deutsches Pendant zum berüchtigten britischen Serienmörder Jack the Ripper.

Auf den ersten Blick ist Fritz ein unauffälliger Bürger. Doch der mutmaßliche Gentleman führt ein Doppelleben voller krimineller Neigungen und psychischer Probleme. Hinter der Fassade verbirgt sich eine Dunkelheit, wie sie Hollywood nicht besser inszenieren könnte.

Sein Jagdgebiet ist der Hauptbahnhof. Er bewegt sich in den Kreisen junger, oft obdachloser Männer, die in der Nachkriegszeit besonders hoffnungslos sind und nicht direkt vermisst werden. Vielen dieser verlorenen Seelen bietet er Schutz, Gesellschaft, finanzielle Unterstützung und vielleicht sogar ein Gefühl von Geborgenheit, bis er sie schließlich auf bestialische Weise ermordet. Sein Markenzeichen: ein tödlicher Biss in den Hals.

Von der Dachkammer in die Leine: Die grausame Mordserie des Fritz Haarmann

Zwischen 1918 und 1924 tötet Haarmann mindestens 24 junge Männer. Das jüngste Opfer, das er in seine Dachkammer lockt, ist gerade mal zehn Jahre alt. Mit einem Beil zerstückelt er anschließend die Leichen und entsorgt die Teile in der Leine; die Kleidung verkauft er auf dem Schwarzmarkt. Manche Quellen behaupten sogar, dass er das Fleisch seiner Opfer weiterverkaufte, bewiesen ist das allerdings nicht.

Als Kinder im Jahr 1924 beim Spielen am Flussufer einen menschlichen Schädel finden, glaubt man zunächst an ein Unfallopfer. Doch nach und nach tauchen immer mehr Überreste auf - Berichte sprechen von 500 Leichenteilen von mindestens 22 unterschiedlichen Personen. Ein Schock für die Bevölkerung. Deutschlandweit macht der mysteriöse "Schlächter von Hannover" Schlagzeilen.

Hannover und Haarmann: Eine Stadt im Bann eines Serienmörders

Auch heute, mehr als 100 Jahre nach seiner grausamen Mord-Serie, ist Fritz Haarmann weiterhin Bestandteil der Stadt: Es gibt unter anderem spezielle Führungen, wo Touristen auf seinen Spuren wandeln können. Und auch in der Popkultur hat sich der "Vampir von Hannover" verewigt:

  • Fritz Langs "M - eine Stadt sucht ihren Mörder" (1931) und der Oscar-nominierte "Der Totmacher" (1995) mit Götz George in der Hauptrolle sind nur zwei Filme, die von Haarmanns Leben inspiriert wurden.

  • "Warte, warte nur ein Weilchen. Dann kommt auch das Glück zu Dir" hieß es in einem Operettenliedchen aus dem Jahr 1923. Später war im Volksmund eine makabre Version im Umlauf:

Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir - mit dem kleinen Hacke-Beilchen und macht Leberwurst aus dir.

Auszug aus dem "Fritz-Haarmann-Lied"

Übrigens ein Lied, das die Oma unserer externen Autorin und True-Crime-Podcasterin Karolin Kandler ihr früher als Schlaflied vorgesungen hat. Da ist es eigentlich kein Wunder, dass die Journalistin eine Leidenschaft für morbide Verbrechen entwickelte. Zusammen mit Jule Gölsdorf erzählt die Moderatorin in ihrem Podcast "Sisters In Crime" jede Woche einen neuen Mordfall, immer begangen von Frauen.

Auch interessant: Exklusiv-Interview mit "Sisters In Crime" zum Fall von Lizzie Borden.

Kontroverse um einen Adventskalender

Eine weitere Hommage sorgt seit Jahren für Aufruhr: Seit 2007 tauchen auf dem offiziellen Adventskalender der Stadt neben eislaufenden Kindern, Glühwein-trinkenden Weihnachtsmarktbesuchern und Abbildern von wichtigen Persönlichkeiten, wie dem Dichter Wilhelm Busch oder dem Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz, auch Comic-Versionen von Haarmann auf - zu erkennen an seinem Oberlippenbart, Trenchcoat und einem Hackebeil.

Zwei Beispiele des Hannover-Adventskalenders

Das etwas andere Stadt-Marketing. Auf vielen offiziellen Adventskalendern Hannovers (links aus dem Jahr 2012, rechts aus dem Jahr 2007) ist der Serienmörder Fritz Haarmann mit seinem Hackebeil versteckt.

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Ein Deal mit dem Teufel?

Hätte der "Vampir von Hannover" schon viel früher geschnappt werden können? Gut möglich, denn der damals 44-Jährige ist für die örtliche Polizei kein Unbekannter. Er saß schon in jungen Jahren mehrfach wegen "Unzucht an Knaben" in Haft.

Damit nicht genug - seit 1918 arbeitet Haarmann als Spitzel für die Polizei und versorgt sie immer wieder mit Insider-Informationen aus dem Rotlichtmilieu. Wegen dieser Verbindungen drücken Beamtete im Umgang mit ihm immer wieder ein Auge zu.

Wie Haarmann dann letztendlich geschnappt wurde, welche zweifelhaften Verhörmethoden zu seinem Geständnis führten und wie er seine Verbrechen begründet, siehst du am 28. Oktober ab 22:05 Uhr bei SAT.1 GOLD und live auf Joyn.


Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

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