Ein Wolf im Schafspelz?
True Crime: Jack Unterweger - Vom gefeierten "Knast-Poeten" zum hochgefährlichen Serienkiller
Aktualisiert:
von Nicola SchillerEin verurteilter Mörder wird zum gefeierten Schriftsteller, zum Sprachrohr der Resozialisierung. Jack Unterweger schien das Unmögliche geschafft zu haben. Doch hinter der Fassade des geläuterten Ex-Häftlings lauerte ein dunkler Abgrund. Die True-Crime-Doku über den "Knast-Poeten" enthüllt die dunkle Wahrheit hinter dem österreichischen Jahrhundertprozess.
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Von Diebstahl zu Mord? Die Eskalation der Gewalt im Leben des Jack Unterwegers
Johann "Jack" Unterweger, geboren 1950 in der Steiermark, verbrachte einen Großteil seiner Jugend in schwierigen Verhältnissen. Seinen Vater, ein US-Amerikaner, lernt er nie kennen. Seine Mutter kommt schon kurz nach Jacks Geburt ins Gefängnis. Er wächst bei seinem Großvater auf.
Im April 1973 wird in Salzburg die Leiche der 23-jährigen Mariza H. gefunden. Ihre Hände sind mit einer roten Krawatte gefesselt. Anderthalb Jahre später wird in Hessen die 18-jährige Margret misshandelt und mit ihrem eigenen BH erdrosselt. Auch bei ihr finden Ermittler:innen das Kleidungsstück am Körper - es ist um ihren Hals geknotet.
Schnell gerät der damals 24-jährige Unterweger ins Visier der Polizei. Er hat bereits 16 Vorstrafen, darunter Diebstahl, Einbruch und Vergewaltigung - aber ist er auch ein Mörder?
"Der Täter bin ich": Ein Mörder schreibt sich in die Freiheit
Unterweger gesteht den Mord an Margret und wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Tod von Mariza H. aus Salzburg soll für immer ungeklärt bleiben. Doch hinter Gittern geschieht etwas Unerwartetes: Er entdeckt eine Leidenschaft für das Schreiben. Während seiner Zeit im Gefängnis veröffentlicht Unterweger einen Gedichtband und einen autobiografischen Roman mit dem Titel "Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus".
Seine Texte finden Anklang, und das über die Gefängnisgrenzen hinaus. Autor:innen, Künstler:innen und Journalist:innen setzen sich für seine Freilassung ein, überzeugt von seiner Chance auf Resozialisierung. Zeitgleich stufen ihn Gutachter als "gemeingefährlichen" und "aggressiven Psychopathen" ein.
Da der Tod der 18-Jährigen als Raubmord gilt, besteht nach 15 Jahren Haft die erste Chance auf Freilassung. Unterweger präsentiert sich in Fernseh-Interviews aus dem Gefängnis gefasst: "Der Täter bin ich [...]. Das ist ein Fakt, mit dem ich leben muss." Er fügt hinzu:
Ich habe zwei Möglichkeiten: Damit positiv zu leben oder mich umzubringen.
Eine finale Gutachterin plädiert schließlich für seine Entlassung. Der Grund: Er habe viel für seine persönliche Entwicklung getan, einen Schulabschluss nachgeholt und seine Schriften publiziert.
Vom Gefängnis auf die Bestseller-Liste
Tatsächlich wird Jack Unterweger am 23. Mai 1990 aus der Haft entlassen - ein Triumph für seine Unterstützer:innen, ein Schlag ins Gesicht für die Angehörigen seines Opfers.
Sein Roman wird zum Bestseller und katapultiert Unterweger in die österreichische Intellektuellen-Szene. Vom verurteilten Mörder zum gefeierten Schriftsteller und Sprachrohr der Resozialisierung. Ein echter Musterhäftling - oder etwa doch nicht?
Der Fall Jack Unterweger: "Eine Ausnahme-Erscheinung" der Justiz-Geschichte
Doch die Fassade des geläuterten Ex-Häftlings beginnt schnell zu bröckeln. Nach seiner Entlassung werden im Rotlicht-Millieu Wiens mehrere Sex-Arbeiterinnen auf grausame Weise ermordet. Unterweger wird als Experte hinzugezogen, führt unter anderem Radio-Interviews mit Szene-Mitgliedern.
Zwischen 1990 und 1991 verschwinden in mehreren österreichischen Städten und Prag acht weitere Frauen, die meisten von ihnen Sex-Arbeiterinnen. Beamtinnen und Beamte erkennen langsam Parallelen zu Unterwegers erstem Opfer: Die Damen werden erdrosselt und mit einem Kleidungsstück um den Hals aufgefunden. Besonders auffällig, ein spezieller Knoten, der auch bei Margret gefunden wurde.
Die Polizei stößt schnell auf Ungereimtheiten in Unterwegers angeblichen Alibis. Und auch an der Westküste der USA tauchen plötzlich ähnliche Mordfälle auf. Ausgerechnet in einem Zeitraum, wo der Österreicher sich auch in den Vereinigten Staaten aufhält. Ist der gefeierte Schriftsteller in Wahrheit ein eiskalter Serienmörder?
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Unterweger-Prozess: Medienrummel um den "Knast-Poeten"
Die Gerichtsverhandlung rund um Jack Unterweger wird zum Medienspektakel, Expert:innen sprechen von einem "Jahrhundertprozess". Wie konnte ein Mann, der als Symbol der Resozialisierung gefeiert wurde, zu einem der meistgesuchten Verbrecher Österreichs werden? Welche dunklen Abgründe verbergen sich hinter der charmanten Fassade des "Knast-Poeten"?
Die Antwort gibt es in der True-Crime-Doku "Deutschlands spektakulärste Kriminalfälle" am 19. September ab 20:15 bei Kabel Eins und live auf Joyn.
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Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.
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