Tod im Eis
"True Stories: Tod am Gletscher – Die Akte Duncan MacPherson" lässt viele Fragen unbeantwortet
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von Luna B.Zwar gehen die Ereignisse rund um das Verschwinden des kanadischen Eishockeyspielers Duncan MacPherson auf den Sommer 1989 zurück. Dennoch beschäftigen die mysteriösen Todesumstände seine Angehörigen noch knapp 40 Jahre später. Die ORF-True-Crime-Serie "True Stories" will den Fall mithilfe neuer wissenschaftlicher Methoden lösen.
Planänderung
Der Ursprung jener schicksalsreichen Reise, die mit dem Tod von Duncan MacPherson endet, liegt in dem Trainerangebot eines schottischen Eishockeyvereins. Dieses veranlasst den Spieler im Sommer 1989 nach Europa aufzubrechen, um sich vor Ort ein Bild von Land und Spielstätte zu machen. Seine Reise führt MacPherson erst zu Freunden nach Deutschland, bevor er mit dem Auto – einem geliehenen, roten Opel Corsa – weiter nach Bozen fahren will. Die Entscheidung, stattdessen in den Tiroler Alpen Skifahren zu gehen, trifft er kurzfristig. Als er am 12.08 nicht wie vereinbart in Schottland eintrifft, begibt sich seine Familie auf die Suche nach ihm, und nach den Antworten auf die vielen Fragen, von denen bis heute viele ungeklärt bleiben.
August 1989: der kanadische Profi-Eishockeyspieler Duncan MacPherson ahnt nicht, dass ein Kurzurlaub am Stubaier Gletscher sein letzter sein wird.
Bild: ORF
Was passierte wirklich?
Aufgrund der spontanen Planänderung kann lange Zeit kein Anhaltspunkt für den Aufenthaltsort des jungen Kanadiers festgemacht werden. Erst als am 20. September die Vermisstenanzeige in der ORF-Sendung "Tirol heute" ausgestrahlt wird, meldet sich ein Mitarbeiter des Stubaier Gletscher Skigebiets. Er will den roten Opel Corsa, nach dem gefahndet wird, wiedererkannt haben. Sechs Wochen lang hat niemand den Verbleib des Fahrzeugbesitzers hinterfragt – obwohl in Bergregionen Dauerparken ein Indikator für alpine Unfälle sein kann. Durch Zufall findet sich ein Zeuge, der angibt, Duncan am Vormittag des 09. Augusts Snowboardunterricht gegeben zu haben. Nachmittags sei er dann eigens nochmal auf die Skipiste zurückgekehrt, um weiter zu üben. Was dann passiert, ist bis heute unklar. Dem Verleih zufolge fehlt kein Equipment, was eine Rückgabe der entliehenen Sachen, darunter Board und Boots, suggeriert. Ein späteres Protokoll bestätigt zudem das Retournieren der Sachen.
Traurige Gewissheit
Die 2003 als Jahrhundertsommer bezeichnete Hitzewelle führt im Stubaier Gletscher zu einer beträchtlichen Schneeschmelze, welche im Juli einen roten Handschuh zum Vorschein bringt. Nur wenig später kann auch der restliche Leichnam des verstorbenen Duncan MacPherson auf eben der Piste freigelegt und identifiziert werden, auf der er zuletzt gesehen wird. Nicht nur der Zustand des Körpers wirft zahlreiche Fragen auf – er weist zahlreiche Frakturen und amputierte Gliedmaßen auf – sondern auch die Tatsache, dass sowohl ein Snowboard als auch Schuhe gefunden werden. Diese Ausrüstung stamme aber NICHT von besagtem Verleih.
Das Verschwinden des Duncan MacPherson

CT-Scan von Duncan MacPhersons Leichnam.
Die Todesursache kann heute nur noch anhand eines CT-Scans bestimmt werden.
Bild: ORF

Archivbild von Duncan MacPherson.
August 1989: der kanadische Profi-Eishockeyspieler Duncan MacPherson ahnt nicht, dass ein Kurzurlaub am Stubaier Gletscher sein letzter sein wird.
Bild: ORF

Die Eltern von Duncan MacPherson in Saskatoon, Kanada.
Lynda und Bob MacPherson wünschen sich nichts sehnlicher als die endgültige Aufklärung über die Todesumstände ihres Sohnes.
Bild: ORF

Bild und Urne von Duncan MacPherson im Elternhaus in Saskatoon, Kanada.
Eine Portraitaufnahme sowie seine Urne sind einige der wenigen Dinge, die an ihren Sohn erinnern.
Bild: ORF

Lynda MacPherson zeigt ein altes Eishockeytrikot von ihrem Sohn.
Das Trikot von Duncan mit der Nummer 13 hängt nach wie vor im Kleiderschrank.
Bild: ORF

Archivfoto vom Leichnam von Duncan beim Stubaier Gletscher.
Der Körper wird mitten auf der Skipiste gefunden - dort wo Duncan zuletzt gesichtet wurde.
Bild: ORF

Blick auf Bergstation beim Stubaier Gletscher.
Am 9. August 1989 war nur eine Skipiste geöffnet - jene die abgebildet ist.
Bild: ORF
War es ein Unfall?
Immer häufiger auftretende, inhaltliche Inkohärenzen wie diese, erwecken vor allem bei Duncans Angehörigen den Anschein, dass sie es mit einer Verschleierung von Tatbeständen zu tun haben. So hat auch die im Totenschein angeführte Obduktion nie stattgefunden. Dem Abschlussbericht zufolge soll Duncan nach einem Sesselsturz abgesperrtes Areal durchquert haben und beim Passieren einer Schneebrücke in eine Gletscherspalte gefallen sein. Seine Eltern glauben den Ermittlern nicht. Sie vermuten eine Vertuschung des wahren Unfallhergangs, um das Tourismusgebiet vor einem Imageverlust zu bewahren. Das Verhalten der Behörden wird auch medial stark kritisiert.
Wirklich rekonstruiert werden kann der Hergang mittlerweile nicht mehr. Heute existieren nur noch CT-Scans, die 2003 von der Leiche angefertigt wurden und Auskunft über die Todesursache geben können. Ein unabhängiges Radiologenteam vom Diagnosezentrum Wien-Hietzing hat sich die Scans für "True Stories" noch einmal angeschaut. Die Analyse gibt neue Denkanstöße für die Rekonstruktion der Ereignisse.
Interesse geweckt? Dann schalte Donnerstag um 20:15 ein, live im ORF1 - Stream auf Joyn, und sieh dir die Doku über Duncans Verschwinden an.





