Nach den US-Fällen Steven Colbert und Jimmy Kimmel

Aufsehenerregende Satire-Formate: Welche deutschen Sendungen bereits Probleme bekamen

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von teleschau

Stephen Colbert ist ein brillanter, aber für viele unbequemer Satiriker. Seine Talkshow wird deshalb 2026 abgesetzt. Dass Satire im TV für Ärger sorgt, gibt es auch in Deutschland.

Bild: 2025 Getty Images/Amy Sussman


Satire ist, wenn man lacht - wenn auch zusammengekniffenen Zähnen. In Amerika wurde sie den Talkmastern Stephen Colbert und Jimmy Kimmel zum Verhängnis. Ihre Shows wurden oder werden abgesetzt. Auch in Deutschland standen Satire-Formate bereits unter Beschuss.

Laut gängiger Definition ist Satire eine Kunstform, mit der Personen, Geschehnisse oder Zustände verspottet und angeprangert werden. Wenn Personen im Mittelpunkt stehen, brauchen die in der Regel ein dickes Fell und selbst eine Portion Humor sowie Selbstkritik. Problematisch wird es, wenn die Verspotteten keinen Spaß verstehen. Und noch problematischer wird es, wenn Satire zum Schauplatz politischer Kulturkämpfe wird.

In den USA schlugen die Fälle um die Late-Night-Stars Stephen Colbert und Jimmy Kimmel hohe Wellen. CBS kündigte an, Colberts "The Late Show with Stephen Colbert" im Mai 2026 auslaufen zu lassen. Am Mittwoch (17.9.) wurde die Show seines Talk-Kollegen Jimmy Kimmel, "Jimmy Kimmel Live", vom Sender ABC mit sofortiger Wirkung und "auf unbestimmte Zeit" aus dem Programm gestrichen. Vorausgegangen waren Äußerungen Kimmels zum Attentat auf den Aktivisten Charlie Kirk.

Beiden Talkmastern ist seit Längerem gemein, dass sie den US-Präsidenten und dessen Regierungsmitglieder permanent kritisieren. Und Donald Trump versteht in diesen Dingen nicht wirklich Spaß. Er drückte seine Zufriedenheit über das Aus der beiden von ihm ungeliebten Late-Night-Shows aus und bezeichnete es als "gute Nachrichten für Amerika". Das Entsetzen in den Vereinigten Staaten ist vielerorts groß. Beobachter sehen das Recht auf freie Meinungsäußerung in Gefahr.

Dass Satire-Formate für Aufsehen sorgten und Ärger bekamen, gab es aber auch in Deutschland.

Jan Böhmermann löst Staatsaffäre aus

  • Am Abend des 22. Mai 1986 lachten deutsche Satire-Fans über die Sendung "Scheibenwischer" von und mit Kabarettisten-Legende Dieter Hildebrandt. Nur die Bayern nicht: Der Bayerische Rundfunk hatte kurzfristig beschlossen, die bundesweite Ausstrahlung nicht zu übernehmen. Dem damaligen Fernsehdirektor soll missfallen haben, dass statt des vorgesehenen Themas "Heimat" plötzlich "Atom" auf dem Programm stand - eine Woche nach der Reaktor-Explosion in Tschernobyl allerdings eigentlich verständlich. Bayern blieb außen vor. Und es wurde reichlich gewitzelt: "Was ist der Unterschied zwischen der DDR und Bayern? In der DDR konnte man den 'Scheibenwischer' sehen."

  • Am 31. März 2016 wurde aus einer Satiresendung eine handfeste Staatsaffäre. Jan Böhmermann hatte in seinem "Neo Magazin Royale" auf ZDFneo ein satirisches Gedicht mit dem Titel "Schmähkritik" auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gehalten. Erdoğan reichte nach Paragraf 103 StGB (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten) Klage ein, der die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel stattgab. Das Verfahren wurde allerdings eingestellt. Jan Böhmermann benötigte längere Zeit Personenschutz, konnte aber miterleben, wie seinetwegen der antiquierte "Majestätsbeleidigungsparagraf" abgeschafft wurde.


ARD und ZDF: Klare Regeln bei Wahlwerbung

  • 2017 zog die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel vors Hamburger Landgericht, weil sie sich in einem Beitrag des NDR-Satireformats "extra3" verunglimpft fühlte. Allerdings wies das Landgericht einen Unterlassungsantrag Weidels zurück, weil es bei der infrage stehenden Bezeichnung "in klar erkennbarer Weise um Satire gehe, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei".

  • Die ZDF-Sendung "Die Anstalt" wurde 2014 vor Gericht zitiert. Die Kabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagner hatten in einem Beitrag über die Unabhängigkeit journalistischer Berichterstattung in Fragen der Sicherheitspolitik mehreren Journalisten eine große Nähe zu verschiedenen Organisationen vorgeworfen und unter anderem gesagt: "Die recherchieren da nicht, die sind da Mitglieder, Beiräte, Vorstände." Dagegen klagten zwei "Zeit"-Mitarbeiter und bekamen zunächst vor dem Oberlandesgericht Hamburg recht. Dann aber hob der Bundesgerichtshof dieses OLG-Urteil auf.

  • Erst im vergangenen Februar rückte "Die Anstalt" erneut in den Mittelpunkt. Da nahmen die Verantwortlichen der Sendung einen ihrer Kabarettisten aus dem Programm. Denn Max Uthoff hatte im Bundestagswahlkampf Werbung für Die Linke gemacht. Aus demselben Grund musste im Februar einmal die ARD-Quiz-Sendung "Wer weiß denn sowas?" gestrichen werden. Der beteiligte Comedian Bernhard Hoëcker hatte Wahlwerbung für die Grünen gemacht - und Wahlwerbung ist nach den Regularien der Sender für "programmprägende Persönlichkeiten" in den letzten sechs Wochen vor einer Wahl nicht erlaubt.

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Zurück aus der Sommerpause: "Die Anstalt" ist wieder da

Nach scharfer Söder-Kritik: Fastenprediger wird ausgetauscht

  • Jan Böhmermann eckte mit seinem "ZDF Magazin Royale" wiederholt an. Im vergangenen Jahr klagte der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, erfolgreich vor dem Landgericht München gegen Veröffentlichungen im "ZDF Magazin Royale". Daraufhin durften vier von fünf kritisierten Behauptungen vom ZDF und Böhmermann nicht mehr wiederholt werden. Das Gericht wies aber gleichzeitig Schönbohms Forderung nach einer Entschädigungszahlung zurück.

  • Und noch mal Bayern: Im Juni wurde bekannt, dass es 2026 kein Comeback für den "Fastenprediger" Maxi Schafroth beim traditionellen Politiker-Derblecken auf dem Münchner Nockherberg zu Beginn der Starkbierzeit geben wird. Schafroth hatte im Februar 2025 vor allem in CSU-Kreisen für Verstimmung gesorgt. In seiner diesjährigen Rede ging er den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder besonders scharf an und warf ihm unter anderem "Politik ohne Umweg übers Hirn direkt ins Bauchgefühl" unterstellt. Im nächsten Jahr wird Stephan Zinner die Rolle des Fastenpredigers übernehmen. Zinner hat Erfahrung mit Söder - er stellte Söder bereits in Sketchen am Nockherberg dar.

Satire darf, wie Tucholsky schon sagte, alles - allerdings nicht ohne Konsequenzen. In Deutschland es dabei jedoch meist Fakten und nicht verletzte Gefühle, die für Ärger sorgen.

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Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf Joyn.de ('Behind the Screens' Deutschland) veröffentlicht.

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